Heute ist es Zeit, ein Resümee zu ziehen und das letzte Kapitel unseres Tragebuchs aufzuschlagen. Zwei Wochen war die Tudor Heritage Black Bay der ständige Begleiter am Handgelenk. Anfangs mit ihrem schwarzen Textilband, und während der letzten sieben Tage mit dem Edelstahlband in Nietenoptik. Die neue Black Bay schlägt eine starke Brücke in die Design-Vergangenheit von Tudor. Um die Uhr noch besser zu verstehen, wollen wir deshalb zuerst einen Blick auf die Geschichte der Marke mit Rose und Schild werfen.

Die Tudor Heritage Black Bay

Über Tudor und ihre Taucheruhren

Die Geschichte von Tudor beginnt im Jahr 1926, als Rolex-Gründer Hans Wilsdorf die Marke unter dem Namen „The Tudor“ registrieren lässt. Bereits zehn Jahre später ziert zum ersten Mal die Rose des englischen Königshauses als Logo das Zifferblatt einer Tudor-Uhr. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wird 1946 die Montres Tudor SA in Genf gegründet. Hans Wilsdorf möchte mit Tudor eine Marke etablieren, deren Uhren in ihrer Robustheit mit Rolex vergleichbar sind, durch einen niedrigeren Preis aber neue Kunden ansprechen.

Die ersten Modelle dieser Zeit werden Oyster Prince getauft. Wie der Name bereits nahelegt, sorgt ein verschraubtes Oyster-Gehäuse für Wasserdichtigkeit. Zudem schickt das verbaute Automatikwerk mit Selbstaufzug den bis dato üblichen Handaufzug in den Ruhestand. Diese beiden auf Robustheit und Alltagstauglichkeit abzielenden Merkmale sollten auch bei der Entwicklung der ersten Taucheruhr von Tudor im Mittelpunkt stehen.

Tudor Vintage

Den Beginn der Taucheruhrengeschichte von Tudor markiert das Jahr 1954. Die Referenz 7922 wird als Oyster Prince Submariner vorgestellt. Durch ihr verschraubtes Gehäuse und das gewölbte Kunststoffglas ist die Uhr bis 100 Meter wasserdicht und verspricht aufgrund der großen Leuchtindexe auch unter der Wasseroberfläche gute Ablesbarkeit. Um Tauchgänge zuverlässig durchführen zu können, wird eine drehbare Lünette mit 5-Minuten-Einteilung montiert. Die Aufzugskrone und das Nietenband stammen von Rolex und sind dementsprechend mit einer Krone signiert. Im Inneren der Uhr arbeitet allerdings kein Manufakturkaliber, sondern ein modifiziertes Fleurier-Rohwerk, das auf deren Automatikkaliber 390 basiert. Vor allem der Verzicht auf selbstentwickelte Werke ermöglicht es Tudor in der Gründungsphase, Uhren bei vergleichbarer Stabilität zu einem niedrigeren Preis als Rolex anzubieten.

Tudor Vintage

Ein Jahr später lanciert Tudor die Taucheruhr mit Referenz 7923. Sie ist bis heute die einzige Submariner im Portfolio der Marke, die mit einem Handaufzug ausgestattet wurde. Ohne expliziten Vermerk auf dem Zifferblatt ist auch diese Submariner dank Oyster-Gehäuse bis zu 100 Meter wasserdicht. Charakteristischste Merkmal dieser Uhr sind aber die stabförmigen Zeiger, die als pencil hands Einzug in den Wortschatz der Vintage-Uhren erhielten. Daher kann die Referenz 7923 schon auf den ersten Blick von Vorgänger und Nachfolgern unterschieden werden. Zudem steht dieses Modell in besonderer Verbindung zur neuen Heritage Black Bay. Die Referenzen der beiden Uhren unterscheiden sich nur um eine Null am Ende der Nummernfolge.

Tudor Vintage

Im Jahr 1958 erscheint die Uhr, von deren DNA die Heritage Black Bay am meisten in sich trägt. Die Tudor Big Crown mit der Referenz 7924. Die markante acht Millimeter große Aufzugskrone verhilft ihr zu dem einprägsamen Spitznamen und sorgt für eine Steigerung der Wasserdichtigkeit auf 200 Meter. Eine Errungenschaft, die auch durch ein noch stärker gewölbtes Kunststoffglas erreicht wird. Ein weiteres Designmerkmal der 7924, dessen sich die neue Tudor Heritage Black Bay bedient, ist das rote Dreieck der Lünetteneinlage. Wie schon bei der ersten Tudor-Submariner arbeitet auch hier das Automatikkaliber 390.

Tudor Vintage

Wir machen eine Zeitreise und landen im Jahr 1969. Seit circa einer Dekade umbaut Tudor die Aufzugskronen seiner Taucheruhren mit einem Kronenschutz. Zwei weitere Neuerungen der Referenz 7021 fallen ebenfalls sofort ins Auge. Zum einen handelt es sich hierbei um die erste Taucheruhr, der Tudor eine Datumsanzeige nebst Lupenvergrößerung auf dem Kunststoffglas spendiert. Zum anderen wird die Zeit mithilfe der kantigen Snowflake Zeiger angezeigt, die auch in der neuen Heritage Black Bay verbaut sind. Zudem wird erstmals eine Farbalternative in Blau angeboten.

Tudor Vintage

Im Jahr 1974 erscheint die zweite Generation mit dem populären Snowflake Layout. Die Uhren mit der Referenz 9401 werden bei Sammlern vor allem wegen ihrer Auslieferung an die Französische Marine beliebt. Entsprechende Exemplare tragen auf der Rückseite eine Gravur (M.N. für Marine National) und wurden von den Militär-Tauchern oft an Bändern getragen, die sie selbst aus Fallschirmgurten zurechtgeschnitten hatten. Auch die Heritage Black Bay kann an verschiedenen Bändern getragen werden. Sie wird in jeder Variante mit einem zusätzlichen Textilarmband ausgeliefert.

Die Tudor Heritage Black Bay

Seit der Lancierung der Heritage Black Bay-Kollektion im Jahr 2012 greift Tudor klassische Designmerkmale der frühen Taucheruhren aus den eigenen Geschichtsbüchern wieder auf. Seit diesem Jahr werden die Modelle zum ersten Mal mit einem hauseigenen Manufakturkaliber und einem Edelstahlband im Stil der früheren Nietenbänder ausgeliefert.

Doch welche Variante trug sich während unseres zweiwöchigen Tests besser? Gibt es situationsabhängige Tragepräferenzen, und wie fällt das Fazit zur neuen Black Bay aus?

Perfekte Anpassung ans Handgelenk

Nachdem die Tudor Heritage Black Bay in der ersten Woche unseres Tragebuchs ausschließlich an ihrem Textilband getragen wurde, kam während der zweiten Hälfte unseres Tests das neukonzipierte Edelstahlband in Nietenoptik zum Einsatz. Ein Band, das aufgrund seiner aufgesetzten Nieten und der stufenartigen Verjüngung zur Schließe hin ganz bewusst an die vernieten Bänder der 50er und 60er-Jahre erinnert.

Die Tudor Heritage Black Bay

Vor allem aber ist es ein Band, das sich perfekt an den jeweiligen Handgelenksumfang anpassen lässt. Zum einen durch die große Anzahl von verschraubten Bandgliedern, die genau für diesen Zweck entnommen werden können und die Uhr damit für schmale Damenhandgelenke tragbar machen.

Die Tudor Heritage Black Bay

Zum anderen durch drei kleinere Einstellungsstufen, die in der Schließe des Bandes justiert werden können. Was ebenfalls zum Tragekomfort der Uhr beiträgt: Bandanstöße, die nicht fest mit dem letzten Bandglied verbunden sind, sondern durch den Federsteg zusammengehalten werden. Dadurch legt sich das Band besser um die individuelle Handgelenksform und lässt sich schlussendlich bequemer tragen.

Die Tudor Heritage Black Bay

Am Stahlband ist die Tudor Heritage Black Bay eine sichere Bank. Die Variante, die immer funktioniert, gut aussieht und historische Designmerkmale der Uhr noch stärker betont. Gewinnt die Uhr am Textilband vor allem beim Sport, weil das Band leichter und dehnbarer ist als Edelstahl, so ist die Metallversion für jeden Tag die wertigere Alternative. Letztendlich bleibt es eine Frage des individuellen Geschmacks. Praktischerweise muss man sich bei der Heritage Black Bay aber nicht entscheiden, sondern kann situationsbedingt wechseln. Den Tausch erledigt der Konzessionär im Handumdrehen

Viel Uhr fürs Geld. Wirklich.

Die Tudor Heritage Black Bay

Die neue Tudor Heritage Black Bay bietet viele Eigenschaften, die wir bei anderen Taucheruhren nur aus einer deutlich höheren Preisklasse kennen. Die Uhr kostet, wie von uns getestet, mit dem Edelstahl- und Textilband aktuell ca. 3.430 Euro. Dafür gibt es eine robuste Taucheruhr mit sorgsam ausgewählten und kultgewordenen Designmerkmalen aus der Vergangenheit der Marke. Seit diesem Jahr angetrieben von einem Schweizer Manufakturkaliber mit chronometergeprüfter Ganggenauigkeit, das auch bei unserem Test mit zuverlässiger Präzision arbeitete. Von einem Hersteller, der auf eine reiche Vergangenheit im Bereich der Taucheruhren zurückblickt und auch nach über 60 Jahren Kompetenz auf diesem Gebiet nicht vergessen hat, dass eine richtig zuverlässige Uhr nicht zwangsläufig auch eine richtig teure Uhr sein muss. Zudem gehört es zu den großen Komplimenten, die man einer Uhr machen kann, wenn man sich nach zwei Wochen Dauertest am Arm nur schwer und mit einer ordentlichen Portion Wehmut von ihr verabschiedet.

David Schank, Editor watchlounge.com