Auf der Baselworld hat Omega in diesem Jahr einige Neuheiten vorgestellt. Vor allem die Speedmaster Kollektion bekam regen Zuwachs. Abseits des Chronographen-Bestsellers aber, präsentierten die Schweizer ein völlig neues Modell. Globemaster heißt die Uhr, die nicht nur während Basel für viel Gesprächsstoff sorgte. Doch was genau macht die Novität aus Biel so besonders? Die Optik erinnert durch das Knickblatt mit appliziertem Stern und die Sternwarte in der Schwungmasse an Charakteristika der Constellation-Modelle aus den 60er Jahren. Retro ist ja aktuell für viele die Zukunft und unübersehbar in Mode. Die Globemaster aber ist mehr als nur die Neuinterpretationen eines Klassikers vergangener Tage. Es genügt ein Blick auf das Zifferblatt und man entdeckt den Schriftzug Master Chronometer. Woanders noch nie gelesen oder gehört? Natürlich nicht, denn die Globemaster ist die erste Uhr überhaupt, die als sogenanntes Master Chronometer zertifiziert wird und dafür ein umfangreiches Testprogramm durchlaufen muss. Am vergangenen Mittwoch wurde die Erste ihrer Art symbolisch an Swatch Group CEO Nick Hayek überreicht. Zeit für eine Reise in die Schweiz, denn wir waren live dabei.

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Aber der Reihe nach. Um die neue Globemaster Master Chronometer zu verstehen, beginnen wir dort, wo das Werk seine ersten Schritte macht. Wir fahren nach Villeret, ein Dorf im Berner Jura, das keine tausend Einwohner zählt, für die Schweizer Uhrenindustrie aber von großer Bedeutung ist. Seit September 2014 steht hier ein neues mächtiges Gebäude, dass die Kaliberspezialisten ETA beheimatet. Hier werden alle Omega-Werke der Familien 25xx, 84xx, 85xx sowie 89xx assembliert, finisiert und einreguliert. Hinter den vierstelligen Nummern stehen Automatikkaliber mit koaxialer Hemmung ohne Chronographen-Funktion. Auch dem Antrieb der Globemaster, Kaliber 8900, wird in diesen Ateliers Leben eingehaucht.

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Bis auf wenige Ausnahmen herrscht in Hallen, Fluren und Arbeitsräumen der neuen ETA-Fabrik strenges Fotografierverbot. Insgesamt arbeiten hier circa 300 Leute. Was sofort auffällt, ist die Sauberkeit in dem gesamten Gebäude. Dort, wo direkt an den Werken gearbeitet wird, erinnern die Hygieneanforderungen eher an ein Pharmazielabor als an traditionelle Uhrmacherei. Das größte Problem ist Staub. Und zwar ästhetisch wie technisch. Zum einen sehen Krümel hinter verglasten Gehäuseböden stümperhaft aus, zum anderen entfalten sie im Inneren der Uhr eine Wirkung die mit der von Schmirgelpapier vergleichbar ist. Relevant sind Staubpartikel, die größer als 25µ pro Kubikmeter Luft sind. Ein µ entspricht einem tausendstel Millimeter und das ist, richtig, ziemlich winzig. Auf der Straße geht man von ca. 4.500 Staubpartikeln pro Kubikmeter aus, die größer als 25µ sind und die uns permanent umgeben. Im heimischen Wohnzimmer sprechen wir von ca. 900 pro Kubikmeter und an den Arbeitsplätzen der Werkszusammensetzung in Villeret sind es bloß noch ca. 100 Staubpartikel, die von relevanter Größe sind und sich auf einen Kubikmeter verteilen.

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Bis aus der Grundplatine, die bei ETA angeliefert wird, ein funktionsfähiges und akkurat arbeitendes Werk wird, sind viele Arbeitsschritte nötig. Jedes Kaliber wird in einem eigenen Transportcontainer auf die Reise durch die Montage geschickt. Ortung und Status-Abfrage sind dank eines Chips in dem Transportvehikel jederzeit möglich. ETA stellt nicht alle Teile des neuen Omega-Kalibers 8900 selbst her, bezieht sie aber von zuverlässigen Partnern wie beispielsweise Nivarox. Das Vertrauen in die Zuverlässigkeit geht so weit, dass keine Qualitätskontrolle der angelieferten Ware stattfindet. Das gleiche gilt für die Werke, die ETA später an Omega verkauft. Auch hier wird auf die Einhaltung aller Qualitätsstandards vertraut und es findet keine interne Prüfung der Werke mehr statt.

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Das Kaliber 8900 ist nun zusammengebaut und reguliert. Die Arbeit der ETA ist erstmal abgeschlossen, denn die Werke machen sich auf die Reise zur COSC, wo die begehrten Chronometer-Zertifikate ausgestellt werden. Die unabhängige Schweizer Prüfstelle kontrolliert Gangabweichungen und stellt immer dann ein Chronometer-Zertifikat aus, wenn die Toleranzen von -4 Sekunden und +6 Sekunden am Tag nicht überschritten werden. Das Ganze wird in unterschiedlichen Lagen und bei wechselnden Temperaturen über den Zeitraum von 15 Tagen geprüft. Zurück in Villeret stehen die letzten Arbeitsschritte bevor, wie beispielsweise das Aufsetzen des Rotors, der bei der COSC noch nicht montiert war. Ist das Werk vollständig zusammengesetzt, veredelt, reguliert und geprüft, wird es an Omega verkauft und macht sich auf den Weg nach Biel.

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Den Chronometerschein und seine erste Zertifizierung hat das Kaliber 8900 jetzt bereits in der Tasche. Um noch einen Schritt weiter zu gehen, hat sich Omega für die neue Globemaster eine zweite Zertifizierung ausgedacht, die über die Gangprüfung der COSC hinausgeht. Das neue Verfahren besteht aus acht Schritten und eröffnet den Weg zum sogenannten Master Chronometer. Überwacht wird das Ganze von dem Eidgenössischen Institut für Metrologie, kurz METAS.

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Ein schmuckes Treppenhaus führt in der alten Bieler Konzernzentrale dorthin, wo sich das METAS-Labor befindet. Was hier passiert, fällt in den Verantwortungsbereich von Andreas Hobmeier, der seines Zeichens Vice President of Production and Procurement bei Omega ist. Da die Prüftest aber von METAS zertifiziert werden, hat das Institut permanent einen Mitarbeiter vor Ort, der stichprobenartig nachkontrolliert. Nur was müssen die Uhren denn tatsächlich können, um nach 10 Tagen Prüfdauer als Master Chronometer zertifiziert zu werden?

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1. Überprüfung der mittleren täglichen Präzision der Uhr

Hierbei wird die tägliche Präzision über vier Tage lang unter gewöhnlichen Tragebedingungen überprüft. Die Uhr wird dabei zunächst in unterschiedliche Positionen gebracht und unterschiedlichen Temperaturen von 23° und 33° ausgesetzt. Anschließend wird sie einem Magnetfeld von 15.000 Gauß ausgesetzt, entmagnetisiert und schlussendlich erneut in unterschiedlichen Positionen und bei unterschiedlichen Temperaturen getestet. Bei jedem Schritt wird ein Foto von der Uhr gemacht. Zur Überprüfung der Präzision wird die Uhr 24 Stunden später mit der UTC-Zeit abgeglichen.

2. Test der Funktionstüchtigkeit des COSC-zertifizierten Uhrwerks in einem Magnetfeld von 15.000 Gauss

In diesem Test wird ausschließlich das Uhrwerk kontrolliert, indem es in zwei unterschiedliche Positionen gebracht und einem Magnetfeld von 15.000 Gauss ausgesetzt wird. Während der 30 Sekunden in jeder Position wird die Funktionstüchtigkeit des Uhrwerks akustisch mithilfe eines Mikrofons überprüft.

3. Test der Funktionstüchtigkeit der gesamten Uhr in einem Magnetfeld von 15.000 Gauss

Dieser Test ähnelt dem zweiten. Hier wird anstelle des Uhrwerks die gesamte Uhr einem Magnetfeld von 15.000 Gauss ausgesetzt. Die Funktion wird akustisch überprüft. Heutzutage kommen wir ständig mit Magnetfeldern in Kontakt, etwa durch Tablet-PCs, Telefone und Haartrockner. Mechanische Uhren ohne antimagnetischen Schutz können deshalb in ihrer Präzision beeinträchtigt werden, wenn sie Magnetfeldern ausgesetzt sind.

4. Kontrolle der Abweichung der täglichen Präzision nach Kontakt mit einem Magnetfeld von 15.000 Gauss

In diesem Test wird die mittlere Abweichung der Uhr zwischen dem 2. und 3. Tag des ersten Tests ermittelt. Das Ergebnis zeigt, wie genau die vor und nach dem direkten Kontakt mit einem Magnetfeld von 15.000 Gauss läuft.

5. Wasserdichtigkeit

Die Uhr wird in Wasser getaucht und dabei der Druck solange schrittweise erhöht, bis der Stand der ausgewiesenen Wasserdichtigkeit erreicht wird.

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6. Gangreserve

Fotos, die zu Beginn und Ende des erwarteten Grenzwerts gemacht werden, dokumentieren die Gangreserve der gerpfüten Uhren. Durch die erneute Überprüfung der Abweichung wird sichergestellt, dass jede Uhr hinsichtlich der ausgewiesenen Zeit präzise arbeitet. So stellt man sicher, dass die Uhr noch präzise läuft, wenn sie das ganze Wochenende auf dem Nachttisch gelegen hat.

7. Test der Abweichung der Laufzeit bei einer Gangreserve zwischen 100 Prozent und 33 Prozent

Bei diesem Test wird die Uhr in sechs verschiedenen Positionen ähnlich den sechs Seiten eines Würfels überprüft. Dabei bleibt die vollständig aufgezogene Uhr jeweils 30 Sekunden in einer Position. Die durchschnittliche Präzision wird akustisch ermittelt. Anschließend wird die Gangreserve um zwei Drittel reduziert und der Test wiederholt, um sicherzustellen, dass die Präzision selbst bei unvollständigem Aufzug gleichbleibend ist.

8. Abweichung der Laufzeit in 6 Positionen

Der letzte Test ähnelt dem vorangegangenen. Auch hier wird das Uhrwerk auf Abweichungen sechs verschiedenen Positionen überprüft. Die Uhr verbleibt 30 Sekunden in jeder Position und auch hier werden die Ergebnisse akustisch ermittelt. Damit soll sichergestellt werden, dass die Uhr bei so gut wie allen Aktivitäten, die sich der künftige Träger aussucht, korrekt funktioniert.

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Hat die Uhr alle 8 Tests erfolgreich bestanden, erhält sie neben dem COSC Zertifikat die umfangreichere und strengere Master Chronometer-Zertifizierung des METAS. Was die Abweichungen im Bezug auf die Ganggenauigkeit betrifft, werden hier neue Standards gesetzt. Der Toleranzbereich der Master Chronometer ist klein und liegt zwischen 0 und +5 Sekunden am Tag. Mit einer korrekt gestellten Globemaster sollte man demnach nie zu spät kommen. Die Uhr selbst wurde also doppelt zertifiziert und ist nun bereit zur Auslieferung.

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So geschehen am letzten Mittwoch in der Omega Zentrale in Biel. Swatch Group CEO Nick Hayek wurde das erste Modell symbolisch überreicht. Das Ganze fand im Rahmen einer Pressekonferenz statt, die noch zusätzliche Informationen lieferte. Exklusiv ist die Zusammenarbeit zwischen Omega und METAS nämlich nicht. Da es sich bei der Prüfstelle um ein unabhängiges Schweizerisches Institut handelt, steht der Weg seine Werke und Uhren prüfen und zertifizieren zu lassen, auch anderen Uhrenherstellern offen. In Zukunft will Omega die Master Chronometer Zertifizierung als Standard etablieren. Es bleibt gespannt zu warten, welches Modell als nächsten mit Doppelzertifierzierung durch COSC und METAS auf den Markt kommt.

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Die Omega Globemaster Master Chronometer wird ab dem ersten November zuerst in den Omega-Boutiquen dieser Welt erhältlich sein. Wie abgebildet in Stahl und mit Lederband kostet sie 6.200 Euro.

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David Schank, editor @watchlounge.com