Im Rahmen des Berliner Gallery Weekends sprachen wir mit Audemars Piguet Chief Marketing Officer Tim Sayler über die aktuelle Kollektion, die schwierige Marktsituation der Luxusuhrenbranche und den Bezug der Marke zur Kunst. AP ist seit drei Jahren einer der Hauptpartner der Kunstveranstaltung.

Tim Sayler, CMO von Audemars Piguet

Watchlounge: Herr Sayler, beim Gallery Weekend Berlin stehen Galerien, Künstler und Installationen im Mittelpunkt. Welches ist Ihr schönstes Kunsterlebnis? 

Tim Sayler: Audemars Piguet hat in den vergangenen Jahren schon einige Projekte verschiedenster zeitgenössischer Künstler gefördert. Mich hat die Begegnung mit Dan Holdsworth am meisten beeindruckt. Dan ist ein Fotograf aus England und bekannt für seine bedrohlichen Landschaftsaufnahmen, bei denen das Zusammenspiel von Natur und Zeit im Vordergrund steht. 2011 haben wir ihn als ersten Künstler zu uns nach Le Brassus eingeladen, um unsere Heimat zu portraitieren. Seine Kunst hat schließlich dazu beigetragen, die Außendarstellung von Audemars Piguet neu zu definieren. Das war anfangs überhaupt nicht so geplant, aber heute sind seine Bilder Teil der Corporate Identity von Audemars Piguet.

Auch die feine Uhrmacherei ist Kunst. Wo sehen Sie Überschneidungen zwischen Ihren Kunstprojekten und Ihrer Arbeit in Le Brassus? 

Selbst wenn es Unterschiede gibt, haben Kunsthandwerk und Kunst – sei es auf Papier, in Skulpturen, in der Fotografie, etc. – gemeinsame Wurzeln. Wenn wir heute Kunstprojekte fördern, dann nur solche, die für unsere Arbeit und unsere Uhrmacher relevant sind. Konkret gesprochen müssen die Werke im Zusammenhang mit Themen wie Präzision,  Komplexität und Zeit stehen. Die Umsetzung geschieht wiederum völlig frei und durch die Augen des jeweiligen Künstlers. Zudem lernen alle Künstler, die wir fördern, unsere Manufaktur in Le Brassus kennen. So können sie sehen, wo wir herkommen, verstehen, wie wir arbeiten und sich durch den Austausch mit unseren Kunsthandwerkern inspirieren lassen.

Von der Kunst zur Krise. Viele Schweizer Uhrenhersteller schwächeln, während AP seine Umsätze im vergangenen Jahr erneut steigern konnte. Wie erklären Sie diese Krisenresistenz? 

Wir wissen, dass sich die Spreu vom Weizen trennt, wenn das Umfeld schwieriger wird. In harten Zeiten muss man sich auf das Wesentliche konzentrieren und sich auf seine Grundwerte besinnen. Das können wir uns erlauben, weil wir eine der wenigen Manufaktur sind, die in Familienhand ist. Viele Dinge, die nur in der “Boomzeit“ der Branche funktioniert haben, funktionieren jetzt nicht mehr. Wir haben uns schon seit ein paar Jahren auf unsere Grundwerte wie, Tradition, Herkunft, Uhrmacherkunst und Familie, besonnen und uns fit gemacht für die künftigen Herausforderungen auf dem Markt. Seit 2012 ist die Marke komplett neu aufgestellt, mit neuem Vertrieb und deutlich weniger Verkaufspunkten weltweit. Alles dient dem Ziel, dem Kunden auf allen Ebenen mit noch mehr Professionalität zu begegnen. Diese Strategie fahren wir jetzt seit vier Jahren, und sie lässt uns auch in schwierigen Zeiten gut dastehen. 

Der wichtige asiatische Markt schwächelt zur Zeit. Wie soll Ihre Marke auch in Zukunft auf Erfolgskurs gehalten werden? 

Wir werden weiter auf unsere authentische Markenführung setzen. Wir wissen sehr genau, wer wir sind, was wir können und wo wir hinmöchten. Und das schätzen die Menschen insbesondere in den Märkten in Europa und Amerika. Ein weiterer Punkt ist unser weltweites Boutique-Konzept. Fast alle der knapp 50 Verkaufspunkte wurden jetzt einheitlich umgebaut – übrigens inspiriert durch die Arbeit von Dan Holdsworth. Unsere Kunden schätzen es, direkt zu Audemars Piguet kommen zu können. Sie tauchen in unsere Welt ein, spüren die Geschichte der Marke und erleben den Service hautnah. Zusätzlich werden wir immer mit Konzessionären zusammenarbeiten, weil wir beide Vertriebswege brauchen.

Was planen Sie vor diesem Hintergrund für das Jahr 2016? 

Wir werden noch ein großes Highlight in China haben. Einem Markt, der in letzter Zeit extrem gelitten hat. Uns trifft die Wirtschaftsflaute nicht so hart, weil wir dort nicht so exponiert vertreten sind. Wir haben heute in ganz China neun Verkaufspunkte, davon sind zwei hauseigene Boutiquen. Trotz der aktuellen Schwierigkeiten ist China für uns ein Zukunftsmarkt, auf dem wir auch in Bezug auf den Bekanntheitsgrad der Marke noch viel aufholen können. Vor diesem Hintergrund eröffnen wir im Herbst eine große, mehrwöchige Markenausstellung in Shanghai. Dort zeigen wir unsere Geschichte und die aktuelle Kollektion in Verbindung mit Werken zeitgenössischer Künstler.  

Welche Neuigkeiten rund um die Uhr können Sie uns heute schon verraten, auf die sich AP-Fans in diesem Jahr noch freuen können? 

Da wir alle unsere Neuheiten bereits auf dem SIHH gezeigt haben, wird es dieses Jahr keine  Produktneuheiten mehr geben. Eines kann ich allerdings schon mit Blick aufs nächste Jahr verraten: Die klassische Royal Oak Ultra Thin (Referenz 15202) erscheint 2017 in unserem neuen Gelbgold. 

Auf dem SIHH hat Ihre Marke nicht mit Neuheiten gegeizt. Wann können wir mit der Markteinführung von Royal Oak Diver Chronograph und Co. rechnen? 

Wichtig sind für uns schnelle Markteinführungen, wenn wir, wie in diesem Jahr, bereits alles im Januar präsentieren. Deshalb waren die Royal Oak mit doppelter Unruh sowie die neuen Gelbgoldmodelle der Royal-Oak Reihe sofort nach dem SIHH im Handel. Die bunten Diver Chronographen sind unser Sommerthema und ab jetzt in unseren eigenen Boutiquen zu finden. Was die Supersonnerie betrifft, haben wir die Kapazität, jährlich etwa 15 solcher Uhren zu bauen, die allerdings für 2016 schon alle vergriffen sind. 

Gelbgold erlebt als Material in der RO-Kollektion eine Renaissance. Wie kommt es bei den AP-Fans an?

Gelbgold schien in den letzten Jahren von Roségold komplett aus der Uhrenwelt verdrängt worden zu sein. Für uns war es jetzt an der Zeit, das Material wieder in die Royal Oak-Kollektion zurückzubringen. Im Grunde ist es ja nichts Bahnbrechendes, sondern die Wiedereinführung von etwas Altbekanntem. In Europa und den USA wird es sehr gut angenommen, in Asien weniger. Es ist einfach Geschmacksache. Mir persönlich ist Roségold zu feminin, und deshalb wäre für mich Gelbgold die Farbe der Wahl. 

Welches neue Modell hat das Zeug zum Bestseller? 

Betrachtet man die aktuelle Nachfrage, dann ist es ganz klar – die neue Royal Oak Double Balance Wheel. Wir hatten im Vorfeld der Messe schon sehr positives Feedback auf die Uhr bekommen, und der Andrang nach ihrer Lancierung spricht Bände. Die Uhr ist komplett vergriffen und sorgt für lange Wartelisten in unseren Boutiquen und bei den Konzessionären. Zur großen Nachfrage kommt die relativ kleine Stückzahl, in der die Uhr ausgeliefert wird. Das liegt vor allem an der aufwendigen Skelettierung, die bei jeder Uhr mehrere Wochen in Anspruch nimmt. 

Was erwarten Sie selbst von einer Uhr? Aus ästhetischer wie auch aus technischer Sicht? 

Für mich kommt der Einstieg zur Armbanduhr ganz klar über die Ästhetik. Zu wissen und zu verstehen, was technisch hinter der hübschen Fassade steckt, ist mir aber genauso wichtig. Die Uhr muss mich spontan optisch überzeugen und einen Wow-Effekt schaffen. Danach interessiert mich natürlich, was das Stück mechanisch zu bieten hat. Nur wenn Ästhetik und Technik auf einem Level sind, ist es die richtige Uhr für mich. 

Tim Sayler mit seiner Royal Oak Double Balance Wheel
Tim Sayler trägt die neue Royal Oak Double Balance Wheel.

Das Interview führte David Schank / Editor Watchlounge.

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