Exklusiv im Gespräch mit Watchlounge.com: Christoph Guhl, seit 30 Jahren im Dienst von Audemars Piguet
Exklusiver Termin mit Watchlounge.com: Christoph Guhl, seit 30 Jahren im Dienst von Audemars Piguet

Im Gespräch mit Audemars Piguet Senior Product Content Specialist Christoph Guhl:

In den 1970er-Jahren brachte die massenhafte Verbreitung der Quarzuhr die Schweizer Luxusuhren-Branche fast um. Heute herrscht friedliche Koexistenz, Quarzwerke stecken auch in Zeitmessern ab 10.000 Euro aufwärts. Männer rümpfen bei Quarz meist die Nase, zu Recht oder nicht? Wer könnte das besser erklären als Christoph Guhl, gelernter Uhrmacher und Senior Product Content Specialist bei Audemars Piguet, wo er gerade sein 30-Jähriges gefeiert hat. 

Herr Guhl, ist Quarz Bäh, oder kann man das machen?
Christoph Guhl: Natürlich kann man das machen. Das ist wie alles im Leben eine Ansichtssache und kommt meiner Meinung nach darauf an, was der Kunde von seiner Uhr erwartet, und was im wichtig ist. Wir haben noch sehr lange die Royal Oak mit Quarzwerk an die Herren verkauft, vor allem die kleineren, superflachen.

Also stimmt es gar nicht, dass Quarz irgendwie nicht in Luxusuhren gehört?
Überhaupt nicht. Der Trend, dass eine Luxusuhr mechanisch sein soll, ist vielleicht acht, zehn Jahre alt, vorher wurde das Thema kaum angesprochen. Ich halte das für einen Fehler, so zu denken, was soll denn daran verwerflich sein? Quarz ist eine Technik, die genial gut funktioniert. Wir bauen ja keine billigen Quarzwerke in die Uhren rein, sondern wir verarbeiten nur die allerbesten Quarze, die beste Elektronik, und wir dekorieren das mit der gleichen Liebe und Sorgfalt wie alle unsere Uhren.

Christophe Guhl, Senior Product Content Specialist bei Audemars Piguet
Christoph Guhl, Senior Product Content Specialist bei Audemars Piguet. Foto: Alexandra Pauli

Ist das Ganze also eher eine männliche Sicht der Dinge?
Da treffen wie so oft zwei Welten aufeinander: Wenn der Mann sagt „Kauf mal ’ne richtige Uhr“, meint er meist eine mechanische. Wenn SIE entscheidet, dann ist ihr das in der Mehrheit nicht wichtig. Frauen sind überwiegend nicht auf der Suche nach der technischen Welt, sondern nach der passenden Optik und eventuell dem Marken-Image. Für sie zählen Design und Bequemlichkeit, und da spricht manches für Quarz: Wenn ich mehrere Uhren in der Schublade habe, muss ich mich nicht darum kümmern, sie gehen einfach immer richtig. Auch ästhetisch spricht manches dafür, die Uhren können flacher und filigraner sein. Wobei sich viele Frauen heute ja auch über große Uhren bewusst in der Männerwelt positionieren wollen und eine Royal Oak Offshore tragen. Das gibt es natürlich auch.

Also kommt es stark auf den Frauentyp an?
Wenn sich eine Dame überhaupt nicht für die Uhr an sich interessiert, sondern rein optisch beziehungsweise praktisch denkt, hat sie sicher ein einfacheres Leben mit der Quarzuhr. Wir haben ja auch bei den kleineren Größen unter 33 Millimeter Handaufzüge. Da muss sie dann dran denken, sie aufzuziehen, oder sie hat eine Uhr, die öfter stehenbleibt. So etwas muss natürlich im Verkauf geklärt werden. Wenn sie die Uhr öfter trägt, würde ich eine Automatik nehmen. Und wenn sie Lust hat, sich mit der Uhr zu beschäftigen, eine Handaufzugsuhr. Wenn ich mich jeden Morgen mit meiner Uhr beschäftige, habe ich eine ganz andere Beziehung zu ihr, weil ich mich um sie kümmern muss. Und durch das Kümmern bekomme ich dann auch einen ganz anderen Respekt vor der Mechanik.

Wie halten Sie das bei Audemars Piguet?
Wir machen bei vielen Modellen keinen bewussten Unterschied mehr zwischen den Damen und den Herren, sondern nur noch zwischen groß und klein. Bei den mittleren Größen ist die mechanische immer etwas dicker als das Quarzkaliber. Und ab 33 Millimeter aufwärts bauen wir fast ausschließlich mechanische Werke in unsere Uhren. Für die technisch interessierten Damen haben wir ja jetzt die neue Millenary extra mit Handaufzug gemacht. Das passt zu so einer emotionalen Uhr, die Unruh ist offen, fast wie ein Tourbillon, ästhetisch schön flach, in tollen Farbkombinationen. Ich bin sehr gespannt, was die Damen zu dem schönen Kaliber sagen.

Sie erwähnten gerade das Thema Körpersprache.
Ja, da ist in den letzten Jahren etwas passiert, womit ich früher nie gerechnet hätte: Als wir bei der Offshore von der 42 Millimeter auf die 44er Größe gewechselt haben, ist unsere 42er fast zur Damenuhr geworden. Genauso wie Männer benützen auch Frauen die Uhr als körperliche Kommunikation. Die Frau positioniert sich über die große Uhr in der Männerwelt.

Gibt es nicht gerade wieder einen Trend zu kleineren Uhren?
Wie immer in der Mode haben wir die zwei Extreme, es kommen auch die kleineren und flachen zurück. Andererseits darf vor allem das Schmuckstück wieder größer werden. Unser Diamond Punk Armreif mit versteckter Uhr, den wir auf dem Genfer Salon vorgestellt haben, ist ganz schön mutig. Das ist ein sehr starker Look.

Audemars Piguet Diamond Punk Armreif
Mit der Diamond Punk setzte Audemars Piguet beim SIHH 2015 einen neuen Meilenstein im Bereich der Haute Joaillerie Timepieces: Der Armreif ist mit 7.848 Diamanten im Snow-Setting besetzt, das Zifferblatt der unter den Pyramidenelementen verborgenen Uhr mit weiteren 300 Steinen

Mit Quarzwerk?
Richtig, die Mechanik wäre für dieses Schmuckstück viel zu dick.

Was fasziniert eigentlich weibliche Manufakturbesucher am meisten?
Ich freue mich immer sehr, wenn wir Damen in der Manufaktur haben. Die Damen begeistern sich für die Menschen an den Tischen, das Künstlerische, die Abläufe, das Emotionale. Die Männer wollen mehrheitlich wissen, was der Uhrmacher verdient, wie lange er das schafft. Auch möchten sie ein Maximum an technischer Info und Detailwissen für das nächste Gespräch unter Sammlern, und um sicher zu gehen, dass sie in ein wertiges Produkt investieren.

Die klassischen Gegensätze.
Ganz ehrlich: Ich kenne keine einzige Uhrensammlerin im Sinne der männlichen Uhrensammler. Für die Frau ist die Uhr ein Produkt, das öfter gewechselt wird, wie die Mode. Im Prinzip haben wir da wieder die archaische Unterteilung: Der Mann ist der Jäger, er sucht die Trophäe. Die Frau ist die Beerensammlerin, sie hat ein Gefühl für die Zeit, weiß, was jetzt für SIE stimmt, und trifft emotionale Entscheidungen.

Herzlichen Dank für das Gespräch, Herr Guhl!

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Das Gespräch führte Elke Reinhold, Editor in Chief Watchlounge.com