Mein persönlicher Bezug zum Uhrenthema hat seinen Ursprung in der Faszination von Rolexuhren. Auch wenn sich das eigene Interessengebiet in den letzten Jahren deutlich vergrößert hat, ist die Verbindung zur – sagen wir – Hausmarke noch immer sehr stark. Dort gibt es zwar auch Modelle aus dem aktuellen Portfolio die ich kaufen würde, aber besonders haben es mir die Klassiker der 60er und 70er Jahre angetan. Nun sind die Preise für die meisten Vintage-Modelle von Rolex in den letzten Jahren kräftig gestiegen. Vor allem die der Handaufzugsdaytonas aber auch beliebte Standardreferenzen wie 1675, 5513, 5512 oder 1655 haben spürbar zugelegt. Das Thema Vintage-Rolex ist aber nicht für jeden vorbei, dem 7.000 für eine schöne 1675 mit mattem Zifferblatt einfach zu viel sind. Noch immer gibt es in meinen Augen völlig unterbewertete Referenzen, deren Modelle mit einer Vielfalt an Varianten einiges an Vintage-Charme ans Handgelenk bringen, ohne die eigene Kasse völlig zu ruinieren. Zu diesen Referenzen gehören vor allem die vierstelligen Rolex Datejust-Modelle aus dem Produktionszyklus zwischen Ende der 60er und Ende der 70er Jahre.

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Zu sehen ist eine Rolex Datejust der Referenz 1603 aus 1974. Das Gehäuse und die gerippte Lünette sind komplett aus Edelstahl gefertigt. Es gibt allerdings auch viele 1603 Modelle, die als Stahl-Gelbgold Version ausgeliefert wurden, da die 3 am Ende der Referenz im Metallschlüssel von Rolex traditionell für Rolesor gelb steht.

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Das Knick-Zifferblatt der Rolex Datejust ist eine seltene Variante mit breiten Balkenindexen und den dazu passenden Zeigern. Im Sammlerjargon wird diese Ausführung seit einigen Jahren mit dem wenig schmeichelhaften Begriff „wide boy“, Englisch für Gauner, versehen. Erklären kann man den Spitznamen vor allem damit, dass Uhren mit wide boy Gesicht teurer sind und dem künftigen Besitzer in besonderem Maße das Geld aus der Tasche ziehen.

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Wer auf 6 Uhr schaut, erkennt zusätzlich die Sigma-Kennzeichnung des Blattes. Demnach sind die breiten Indexe aus Gold gefertigt und ein solches Zifferblatt ist in der Datejust mit 3,61 Mio. Seriennummer authentisch. Um zur Ästhetik zurückzukommen, ziert ein wunderschöner Sonnenschiff die Optik der Uhr. Er ist dafür verantwortlich, dass die Sonne das Zifferblatt wunderbar changieren lässt und sorgt für ein Spektrum an verschiedenen Grautönen.

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Die Rolex Datejust selbst ist eine klassische Oyster mit verschraubtem Boden und verschraubter Krone. Das Gehäuse misst schlanke 36mm und ist in meinen Augen eine angenehme Abwechslung zu den vielen oversize Uhren, die aktuell zu sehen sind. Wer die Dichtigkeit prüfen lässt, kann mit der Uhr auch problemlos zum Schwimmen ins Meer. Hinter dem Stahlboden der Rolex Oyster Perpetual Datejust verrichtet ein wahrer Traktor seine Arbeit. Das Manufakturkaliber 1570 läuft noch heute in vielen Uhren mit der ersten Schmierung. Steckt man ab und an etwas Liebe ins Werk, hat man es hier mit einem äußerst genügsamen und präzisen Zeitgenossen zu tun.

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Am Arm hält die Uhr ein Oysterfaltband mit der Referenz 7836 und mit 358er Anstößen. Ich mag das schlicht und sportlich anmutende Oysterband an den Stahluhren besonders gerne. Vor allem die Varianten mit Weißgold- und Gelbgold-Lünette wurden oft mit dem sehr anschmiegsamen aber verschleißreichen Jubileeband ausgeliefert. Eine optische Schwachstelle bei den Bändern ist der Sitz der Anstöße am Gehäuse. Wie auf den Bildern zu sehen, ist selbst bei einem gänzlich unpolierten Modellen oft ein kleiner Spalt zwischen Anstoß und Gehäuse, der sich, umso materialabtragender  die Aufarbeitung der Rolex Datejust war, deutlich vergrößert.

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Zur Not kann man bei dünnen, schmalen oder einfach mäßig erhaltenen Gehäuse auch noch zu Alternativen wie Leder- oder Natobändern greifen. Zu empfehlen ist aber unbedingt die Suche nach Modellen der Rolex Datejust, die sich weitestgehend im optischen Auslieferungszustand befinden. Diese kosten aktuell in der Anschaffung einen moderaten Aufschlag, werden aber in meinen Augen ein deutliches Premium wert sein, wenn die vierstelligen Datejust-Modelle aus ihrem Dornröschenschlaf erwachen. In absoluten Zahlen sollte man mit etwas Geduld eine schöne 1603 in Stahl zwischen 2.000 und 2.500 Euro finden. Dafür gibt es einen Klassiker mit echtem Vintage-Charme und eine Uhr, die in jeder Situation und zu jedem Outfit einen guten Eindruck macht.

David Schank – Editor Watchlounge.com