Denica Riadini-Flesch im Interview über den Rolex Preis für Unternehmergeist und ihr Farm-to-Closet-Konzept „SukkhaCitta“

Im Rahmen der Perpetual Planet Initiative wurde die indonesische Sozialunternehmerin für ihr klimaneutrales Modelabel ausgezeichnet

Die indonesische Sozialunternehmerin Denica Riadini-Flesch wurde mit dem angesehenen Rolex Preis für Unternehmergeist ausgezeichnet, was ihrer Mission für nachhaltige Mode zu fairen Produktionsbedingungen internationale Aufmerksamkeit verschafft. Im Gespräch mit Watchlounge erzählt sie von den größten Herausforderungen seit der Gründung ihrer Marke „SukkhaCitta“, ihrer persönlichen Definition von Nachhaltigkeit und dem Einfluss, den der Rolex Preis für Unternehmergeist auf Ihre Arbeit hat.

Denica Riadini Flesch und der Rolex Preis für Unternehmergeist
Denica Riadini-Flesch mit den Batik-Handwerkerinnen in einer der SukkhaCitta-Handwerksschulen.

Wer sich Ihren Lebenslauf anschaut, erwartet nicht unbedingt eine Unternehmensgründung für nachhaltigere Textilproduktion in den ländlichen Gebieten Indonesiens. Sie haben in Rotterdam Wirtschaft studiert und anschließend für die Weltbank in Jakarta gearbeitet. Wie kam es zur Gründung Ihres Modellabels „SukkhaCitta“?

Als Ökonomin hätte ich nicht in einer Million Jahren gedacht, dass mein Beruf einmal mit der Landwirtschaft zu tun haben würde. Ich bin jemand, dem jede Pflanze, die ich auf meinem Balkon anzubauen versuche, eingeht. Ich hatte echte Selbstzweifel, wusste aber auch, dass 98 Prozent der Frauen, die Ihre Kleidung herstellen, nicht einmal einen existenzsichernden Lohn verdienen. Sie sind in Armut gefangen und dazu noch gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen ausgesetzt, denn unsere Kleidung wird mit Chemikalien gefärbt, die so giftig sind, dass sie die zweitgrößte Wasserverschmutzung der Welt verursachen. Das sind die wahren Kosten unserer Kleidung, und das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich aktiv werden musste.

Denica Riadini Flesch und der Rolex Preis für Unternehmergeist
Denica Riadini-Flesch, Gründerin und CEO von SukkhaCitta, verändert die Art und Weise, wie Kleidung in Indonesien hergestellt und verkauft wird, wie die Materialien angebaut werden. Gleichzeitig stärkt sie die Handwerkerinnen auf dem Land, die bei der Herstellung mitwirken. 

Welche Schritte haben Sie auf Ihrem Weg zur Textil-Unternehmerin unternommen, nachdem Sie mit den Missständen der Branche konfrontiert wurden?

Als ich SukkhaCitta vor sieben Jahren gründete, bestand mein Team aus mir und gerade einmal drei weiteren Frauen. Mein Ziel war eine Modemarke, die sich dafür einsetzt, die Ausbeutung von Frauen zu beenden und gleichzeitig unseren Planeten zu regenerieren, damit Sie als Konsument durch eine einfache Kaufentscheidung wie beispielsweise das Hemd, das Sie heute tragen, das Leben von Frauen verändern und gleichzeitig Teil der Klimalösung sein können. Heute wirkt sich unsere Mission bereits positiv auf die Leben von fast 1500 Frauen aus. Wir konnte ihre Einkommen um durchschnittlich 60 Prozent steigern und zudem Vorschulen bauen, in denen junge Frauen die Fähigkeiten erlernen, um sich selbst aus der Armut zu befreien.

Denica Riadini Flesch und der Rolex Preis für Unternehmergeist
Mit ihrem klimaneutralen Modelabel unterstützt Denica Riadini-Flesch Frauen in den ländlichen Gebieten Indonesiens.

So viel Umbruch und Disruption in einer auf Ausbeutung fußenden Branche gingen sicher auch mit großen Herausforderungen einher. An welche erinnern Sie sich heute noch besonders lebhaft?

Keine Frage, einfach war es nie, aber lassen Sie mich mit einem konkreten Beispiel antworten: In unserem ersten Jahr wurde beispielsweise die gesamte Baumwoll-Ernte von Vögeln gefressen und erst vergangenes Jahr haben uns Schnecken vor große Herausforderungen gestellt. Wir stellten damals damals schnell fest, dass der natürliche Feind der Schnecke die Ente ist. Kein Wunder, dass wir gerade 30 Enten für die Anbausaison bekommen haben. Es ist völlig in Ordnung und normal, sich niedergeschlagen zu fühlen und Angst zu haben, dass etwas schief geht. Wichtig ist, dass man am nächsten Tag wieder aufsteht und sich an die Arbeit macht.

Lassen Sie uns über Ihren Ansatz von Nachhaltigkeit sprechen. Glauben Sie nicht, dass ein kontinuierliches Engagement für Sustainability die Entwicklung von SukkhaCitta einschränken wird?

Das sind die Fragen, die mich nachts wachhalten. Letztlich geht es bei SukkhaCitta darum, zu zeigen, dass man auf unterschiedliche Weise wachsen kann. Für mich sollte Wachstum immer endlich sein. Ich glaube, dass jedes Unternehmen eine ideale Größe hat. Wenn wir sie erreicht haben, werden wir sie einfach beibehalten. Es sollte nicht so sein, dass wir jedes Jahr wachsen, wachsen, wachsen wollen, denn wir können die Natur nicht länger als Quelle von Waren und Dienstleistungen betrachten. Die Natur ist endlich, und deshalb sollten auch unsere Geschäfte zurückgehen. Wir wachsen derzeit, weil wir unsere Endabnehmer noch nicht alle erreicht haben, aber sobald wir das tun, werden wir damit beginnen. Es ist auch ein Spiegelbild unserer Werte als Gesellschaft. Wissen Sie, was für Sie genug ist? Die meisten von uns werden sich nie die Zeit nehmen, sich dieser Frage zu stellen. Auch deshalb wachsen wir immer weiter, weil wir glauben, dass wir immer mehr haben müssen, um erfolgreich zu sein

Denica Riadini Flesch und der Rolex Preis für Unternehmergeist
Eine Gruppe älteren Handwerkerinnen bereitet sich auf die nächste Baumwollernte vor, indem sie Samen in Ost-Java, Indonesien, säubern und pflanzen.

Haben Sie ein konkretes Beispiel für uns, wie Ihre Mission für mehr Nachhaltigkeit in der indonesischen Textilproduktion sorgen konnte?  

Vor vier Jahren hat sich die ganze Welt verändert. Wir hatten fast wöchentlich eine Pandemie, Brände und Überschwemmungen. Ich spürte, dass es nicht mehr ausreicht, nur weniger Schaden anzurichten. Was wäre, wenn wir Kleidung herstellen können, die unseren Planeten tatsächlich heilen kann? Diese Frage führte mich auf eine Reise, um den Ursprung eines einzigen Fadens zurückzuverfolgen. Heute wird Baumwolle auf eine Weise angebaut, die unseren Böden schadet. Aber es gibt Hoffnung! Wir arbieten mit Yukasmin zusammen, eine der letzten Baumwollbäuerinnen Indonesiens. Gemeinsam mit ihr ändern wir, wie unsere Kleidung angebaut wird. Am Anfang hatte sie große Angst, denn ihr ganzes Leben lang wurde ihr gesagt, dass man für den Baumwollanbau all diese Chemikalien braucht. Chemikalien, die sie sich nicht leisten konnte. Wir verschafften ihr die finanzielle Freiheit, ihre Maismonokultur in eine regenerative Farm umzuwandeln. Plötzlich erinnerte sie sich daran, wie ihre Großmutter früher Baumwolle anbaute und wie sie Salz und Nelken verwendete, um Ungeziefer fernzuhalten. Wie sie organische Abfälle in Kompost verwandelte, der unseren Boden ohne Chemikalien nährte. Und vor allem, dass man Baumwolle nie allein anbauen sollte, sondern zusammen mit 20 verschiedenen Pflanzen.

Lassen Sie uns einen Blick auf die Bedeutung des Rolex Preises für Unternehmergeist für Sie und Ihr Unternehmen werfen. Wie hat sich die Unterstützung auf ausgewirkt? Konnten Sie bereits einen Anstieg des Interesses feststellen, weil Sie jetzt Rolex-Preisträger sind?

Auf jeden Fall. Ich muss sagen, dass dies die bedeutendste Anerkennung war, die mir bisher in meinem Leben zuteilwurde. Es haben mir so viele Leute aus der Schweiz, Thailand und Vietnam gemailt und gesagt, dass sie von meinem Projekt in der Zeitung gelesen haben und begeistert waren. Ich hätte nie erwartet, dass ich eine solche Reichweite habe. Ich bin sehr gespannt auf das, was noch kommen wird.

Denica Riadini Flesch und der Rolex Preis für Unternehmergeist
Denica Riadini-Flesch im Gespräch mit Frauen in einer der Handwerksschulen von SukkhaCitta.

Zum Abschluss blicken wir noch einmal auf Sie und Ihr Modelabel „SukkhaCitta“, dessen Name Glücklichsein bedeutet. Worin finden Sie Glück?

Was mich glücklich macht, ist das Wissen um die Leben, die ich verändere. Durch alle die Menschen in meinem Umfeld habe ich gelernt, dass wahres Glück aus dem Gefühl entsteht, einen Beitrag zu leisten und man Teil von etwas Größerem ist. Das bringt mir jeden Tag Freude und Glück.

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Weitere Informationen zu Denica Riadini-Flesch und dem Rolex Preis für Unternehmergeist finden Sie auf rolex.org 


Bilder © Rolex / Sébastien Agnetti • Interview und Satz © David Schank, Watchlounge