Sara Sandmeier ist seit dem Jahr 2000 Mitglied des Design Studios bei Baume & Mercier, seit 2010 als Senior Designerin. Eine ihrer jüngsten Kreationen: Die Baume & Mercier Lodenfrey Kollektion mit einem Armband aus Hirschleder. Im Interview sprach die gebürtige Baselerin über die zweijährige Entwicklungsarbeit des zünftigen Armbandes, über Frauen und ihre Uhren,  und über ihr Verständnis von gelungenem Design.

Portrait de Sara Sandmeier Baume & Mercier © Magali Girardin.
Senior Designerin Sara Sandmeier ist seit 15 Jahren bei Baume & Mercier in Genf und entwarf unter anderem die Classima Kollektion © Magali Girardin

 

Frau Sandmeier, wie kommt es zu einer solchen Kooperation?

Es ist immer eine Bereicherung, sich mit Leuten auszutauschen, die auf einem anderen Gebiet arbeiten, das erweitert den Horizont. In diesem Fall sind wir auf Lodenfrey zugegangen, haben Ideen ausgetauscht, diskutiert, daraus entstand diese spannende Zusammenarbeit. Im Hinblick auf die Mode ist so eine Kooperation natürlich immer eine besondere Herausforderung, da wir ja durch die begrenzte Oberfläche bei den Uhren nicht viel übernehmen können.

Was ist eigentlich so schwierig an der Verarbeitung von Hirschleder?

Hirschleder ist sehr weich und elastisch, das muss man bei einem Uhrenarmband natürlich in den Griff bekommen. Und dann ist die Oberfläche auch sehr unterschiedlich beschaffen. Wir mussten erst einmal erforschen, welche Partie sich am besten eignet: Es sind die speckigen, dunklen Flächen, die am besten herauskommen und am schönsten altern. Auf der Innenseite haben wir die Markennamen diesmal nicht wie sonst gestanzt, sondern gelasert, damit sie sich nicht abschleifen und deutlich sichtbar bleiben.

Haben Sie selbst ein Faible für Trachten?

In meiner Familie haben wir das nicht gepflegt. Aber Trachten gibt es ja überall. Und es ist sehr interessant, zu sehen, wie darüber ein Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht, mit allem, was dazu gehört: Farben, Schnitte… Ich bin gerade ein bisschen durch München gelaufen und sehr fasziniert, ganz junge Männer zu sehen, die sich kostbare Lederhosen kaufen, das ist toll. Oder so ein Janker aus Yak-Wolle, mit Hornknöpfen, traumhaft schön. Wenn man, wie ich, ein ‚Materialfreak’ ist und besonders Naturmaterialien liebt, hat man schon vor Augen, wie man das kombinieren würde.

Sie designen seit 15 Jahren Uhren für Baume & Mercier. Was ist für Sie gelungenes Design?

Design ist für mich der gelungene Dreiklang aus Form, Funktion und Preis. Alles andere ist für mich kein Design.

Das ist interessant. Der Preis ist also Teil des Designs?

Ja. Diese drei Werte müssen ausbalanciert sein. Wenn etwas unfassbar teuer ist, weil man zum Beispiel wild kostbarste Materialien zusammenpackt, dann ist das vielleicht Kunst, aber es ist kein Design. Oder ein Stuhl, der toll aussieht, wo man aber nur daran denkt, möglichst schnell wieder aufzustehen, weil er so unbequem ist – das ist kein Design.

Da müssen Sie ja bei Ihrem jetzigen Arbeitgeber sehr glücklich sein: Baume & Mercier gilt als einer der Vorreiter auf dem Gebiet des ‚erschwinglichen Luxus’.

Absolut! Vor allem, wenn man schon so lange im Unternehmen ist wie ich: Heute weiß ich schon beim Zeichnen einer Uhr genau, was kann ich an welcher Stelle machen, in welcher Form, wie weit kann ich gehen bei der Materialwahl? Es ist ein ständiges Ausloten aller in Betracht kommenden Faktoren, damit am Ende eben auch der Preis stimmt. Wir dürfen ja auch nicht vergessen, dass für viele Leute, die vor dem Schaufenster stehenbleiben, eine Uhr für 1.500 Euro absoluter Luxus ist.

Das heißt, Sie haben bei der kreativen Arbeit immer auch die Kosten im Kopf?

Sonst wäre ich hier nicht richtig. Luxus bedeutet natürlich schon, dass man etwas begehrt und vielleicht lange darauf hinarbeitet. Aber Teil des Luxus ist eben auch das richtige Verhältnis. Ich vergleiche das gern mit der Mode: Wenn ich etwas entdecke, dann fasse ich es erst einmal an, probiere es. Es muss das Auge erfreuen, angenehm zu tragen sein, es muss gut altern. Dann erst schaue ich auf den Preis. Und wenn es gelungen ist, dann ist auch der Preis stimmig. Dann bin ich weder überrascht noch schockiert. So sollte es sein.

Denken Sie beim Zeichnen immer an die Kunden?

Natürlich. Alles, was ich entwickele, muss zum Kunden passen, und zur Marke. Manchmal ist es auch toll für mich, aber zuerst muss es perfekt für den Kunden sein, dann kann ich dahinter stehen.

Wie viele Modelle haben Sie in den letzten 15 Jahren entworfen?

Viele! Die Classima zum Beispiel habe ich 2004 gezeichnet, und 2014 habe ich das Re-Design gemacht. Und wir haben jetzt auch das Modell für die Damen entworfen. 2004 haben wir die Classima als Herrenuhr herausgebracht, und sie gefiel auch vielen Frauen. Aber da es bei Baume & Mercier schon seit weit über 100 Jahren Tradition ist, Uhren für Damen zu entwerfen, wollten wir das jetzt tun und haben mit den Materialien Perlmutt und Diamanten sowie der Mondphase eine sehr schöne, weibliche Interpretation gefunden.

Ist die Trennung Damen/Herren denn noch von Bedeutung? Nähert sich das nicht mehr und mehr an?

Es gibt Frauen wie Sterne am Himmel. Keine ist gleich. Die einen wollen eine ganz klassische Damenuhr tragen, die anderen etwas Maskulines, Technisches. Es gibt die, die eine weibliche Uhr suchen, und sich für die Technik im Inneren interessieren, also zum Beispiel einen durchsichtigen Gehäuseboden schätzen. Und die, die ausschließlich Herrenuhren tragen. Und dann ist man ja auch nicht jeden Tag in der gleichen Stimmung, oder man trägt mal einen Tag gar keine Uhr. Das Schöne ist, dass ich mir bei unserer Kollektion sicher bin: Wir können jede glücklich machen.

Baume et Mercier Lodenfrey Kollektion
Das Armband aus Hirschleder gibt es beim Kauf eines beliebigen Modells der Baume & Mercier Linea oder der Classima zu den zwei üblichen Armbändern ohne Aufpreis dazu. Die Kollektion ist streng limitiert und nur bei Wempe erhältlich.
Baume-et-Mercier-Linea-10036
Die Baume & Mercier Linea 10036 in der 27 mm Edelstahlversion mit Quarzwerk.

 

Baume-et-Mercier-Classima-10144
Die Classima 10144 mit Quarzwerk hat einen Durchmesser von 42 Millimetern. Das auf je 100 Stück limitierte Armband kann auch mit einem mechanischen Modell der Classima kombiniert werden.

 

 

Interview: Elke Reinhold, Editor at Large Watchlounge.com